Der Mensch ist dankbar für klare Orientierung, und wenn es um Kapitalmarktgeschäfte geht, steht eine Vielzahl von Experten mit teils schmissigen Prognosen bereit. Doch wem kann und soll man glauben?
Der Professor für Volkswirtschaftslehre Hanno Beck von der Hochschule Pforzheim warnt in einem aktuellen Interview mit dem Fachmagazin procontra vor selbst ernannten „Börsen-Gurus“, die nach seiner Beobachtung einige Standardtricks anwenden. Ein Beispiel ist die „Nostradamus-Methode“: Der vermeintliche Börsenexperte nennt laut Beck „entweder Zeit oder Kursziel, aber nicht beides. Damit erfüllt sich die Prophezeiung irgendwann schon.“ Bei der „Mexikanischer Scharfschütze“-Masche verbreite der Experte zahlreiche verschiedene Prognosen und sorge dann dafür, dass sich die Öffentlichkeit im Nachhinein nur an die zutreffenden erinnert.
Weiterhin verbreitet ist die Formulierung von Hypothesen, die sich nicht widerlegen lassen, zum Beispiel dass das Finanzsystem auf der Intensivstation liege. „Warnungen vor Weltuntergängen verkaufen sich immer gut“, so Beck. Oftmals würden solche Szenarien um einen wahren Kern herum gestrickt. Medial verkaufe sich so etwas besser als nüchterne, differenzierte Analysen – die aber nötig seien, „weil es keine einfachen Antworten und Rezepte für eine komplexe Welt gibt“.
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Angesichts der Konjunkturmeldungen der vergangenen zwölf Monate reibt sich so mancher Marktbeobachter verwundert die Augen: Der Deutsche Aktienindex (DAX) hat im Jahr 2023 einen Höhenflug hingelegt wie seit 2012 nicht mehr. Über 20 Prozent Plus verzeichneten die 40 Titel im Durchschnitt, im Dezember überschritt der Index erstmals die Marke von 17.000 Punkten. Noch etwas stärker performten US-Aktien, die gemessen am S&P 500 Index um satte 24 Prozent zulegten, getrieben vor allem durch Tech- und hier insbesondere Künstliche-Intelligenz-Titel. Dies- wie jenseits des Atlantiks haben die Börsianer offenbar schon baldige Zinssenkungen eingepreist, die wegen der stark zurückgegangenen Inflation erwartet werden.
Noch befinden sich die Zinsen indes auf hohem Niveau, was neben den Börsengewinnen dem Vermögen der deutschen Haushalte zugutekommt. Laut Analyse einer deutschen Großbank wuchs der Wert der von den Bundesbürgern gehaltenen Wertpapiere, Bankeinlagen, Bargeldbestände und Ansprüche gegenüber Versicherern 2023 um 6,4 Prozent und beläuft sich nun auf über 7,9 Billionen Euro (Immobilien exklusive). Für das neue Jahr erwarten die Volkswirte ein Vermögenswachstum von rund vier Prozent.
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Während der Corona-Pandemie wurden sie als Notlösung etabliert, doch virtuelle Hauptversammlungen bleiben auch weiterhin bei der Mehrheit der 160 Aktiengesellschaften der DAX-Familie das Format der Wahl. Daran wird immer wieder Kritik von Aktionärsschützern laut.
Jüngst stimmte der Fondsverband BVI ein: „Ein echter Dialog zwischen Aktionären, Vorstand und Aufsichtsrat konnte auch bei den Online-Hauptversammlungen 2023, deren technische Durchführung häufig zu wünschen übrigließ, nicht stattfinden. Das hat die Hauptversammlung als oberstes Kontrollorgan und Sprachrohr der Aktionäre weiter entwertet“, bemängelt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Hinzu komme, dass viele Hauptversammlungen parallel abgehalten würden. So fanden beispielsweise am 17. Mai 2023 gleichzeitig 21 Hauptversammlungen von HDAX-Unternehmen statt, was schon von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz kritisiert wurde, in deren Namen Anlegeranwalt Klaus Nieding in der ARD konstatierte: „Das kann kein Zufall sein.“
Weiterhin bemängelt der BVI die vom Gesetzgeber geplante Einführung von Mehrstimmrechtsaktien, die eine Abkehr vom Prinzip „Eine Aktie, eine Stimme“ bedeuten würde.
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